Global T 2023 – Lokale Wirtschaft unter dem Einfluss von Geopolitik

Just am Jahrestag der russischen Invasion in die Ukraine begrüsste Marcel Räpple, Leiter Wirtschaftsförderung des Kantons Thurgau, die teilnehmenden Vertreterinnen und Vertreter der Thurgauer Wirtschaft zu Global T auf dem Wolfsberg. Die Tagung, welche bereits zum elften Mal stattfand und sich an exportorientierte Unternehmen richtet, widmete sich dem Thema «International Wirtschaften unter Einfluss von Geopolitik». Veranstalter waren auch dieses Jahr die kantonale Wirtschaftsförderung und die Industrie- und Handelskammer Thurgau gemeinsam mit UBS als Sponsor und Switzerland Global Entreprise als Know-how-Partner.

Interessen der USA verschieben sich nach Indo-Pazifik
Den Auftakt als Impulsreferent machte Philippe Welti, Experte für geopolitische und strategische Fragen sowie ehemaliger Schweizer Botschafter im Iran und in Indien. In einem Tour d’horizon analysierte er die aktuellen Veränderungen in der internationalen Sicherheitspolitik mit einem besonderen Fokus auf den Ukraine-Konflikt und die drohende Eskalation zwischen Taiwan und China. Welti beleuchtete dabei die Beziehungen zwischen den USA, der EU, Russland und China. Dabei unterstrich er, dass der ukrainische Widerstand ohne die Unterstützung der USA als starkem NATO-Partner der EU nicht denkbar gewesen wäre, die US-Interessensphäre sich nun aber zunehmend in die Region Indo-Pazifik verschiebe – auch, aber nicht nur, vor dem Hintergrund des Konflikts zwischen China und Taiwan. Für Europa bedeutet dies, dass es die eigene Sicherheitsarchitektur neu überdenken muss. Grosse wirtschaftliche Herausforderungen sieht Welti dereinst für den Wiederaufbau der Ukraine nach dem Krieg. Mit Blick auf die Schweiz betonte er, dass deren zögerliche Reaktion auf die Beteiligung an den Sanktionen der EU auch Auswirkungen auf die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU zeigen. Insbesondere würden auch legale Geschäfte darunter leiden. Die Schweiz müsse bezüglich ihrem Neutralitätsverständnis Klarheit schaffen.

EU ist wichtigste Handelspartnerin für den Thurgau
Anschliessend beleuchtete IHK-Direktor Jérôme Müggler im Rahmen des zweiten Impulsreferats die Herausforderungen, welchen sich Thurgauer Unternehmen aufgrund der geopolitischen Situation gegenübersehen. Für den Wohlstand der Schweiz als mittelgrosse offene Volkswirtschaft, die weder militärisch einflussreich ist noch über Rohstoffe verfügt, seien eine innovative Wirtschaft und gute Handelsbeziehungen mit dem Ausland unabdingbar. Die EU ist dabei sowohl bezüglich Importen als auch Exporten der mit Abstand wichtigste Handelspartner. Dass die geopolitischen Entwicklungen für die Wirtschaft relevant sind unterstreicht eine Umfrage, welche die IHK unter international tätigen Thurgauer Unternehmen durchführte: Über 85 Prozent der befragten Unternehmen stimmen dieser Aussage zu. Schwierigkeiten ergeben sich vor allem bei der Beschaffung von Rohmaterialien und bei der Berechenbarkeit von Kosten und Preisen. Unzuverlässige Lieferketten sind eine grosse planerische Herausforderung. Müggler unterstrich in seinen Ausführungen aber auch die Anpassungsfähigkeit der befragten Unternehmen: Viele hätten bereits entsprechende Massnahmen ergriffen, indem sie ihre Lieferketten und Absatzmärkte diversifizieren und die Produktion anpassen.

Verschiedene Break-out Sessions zur Themenvertiefung
Am Beispiel der rasch wachsenden Märkte Mexiko sowie Indien und Vietnam, stellten die Experten von Switzerland Global Entreprise, das Potenzial für Sourcing, Outsourcing und Produktion in diesen Märkten vor. Eine weitere Break-out Session zeigte die Möglichkeiten zur Absicherung von Risiken, insbesondere auch Währungsrisiken, im Zusammenhang mit dem Exportgeschäft auf. Thematisiert wurden unter der Moderation des Innovationsnetzwerks Ostschweiz INOS auch die Wettbewerbschancen für Unternehmen, die für ihre Nachhaltigkeitsbemühungen entlang der Liefer- und Produktionskette den Ansatz der Kreislaufwirtschaft wählen. Albin Kälin, CEO von EPEA Switzerland, erläuterte das Konzept von «Cradle to Cradle», das sich sowohl an dem biologischen als auch dem technischen Kreislauf von Produkten orientiert. Ebenso adressierte er entsprechende Zertifizierungsmöglichkeiten. Wo Unternehmen bei der Umsetzung konkret ansetzen können, zeigte das praktische Beispiel von Flawa und Heierling, welche gemeinsam einen nachhaltigen Ski-Innenschuh gemäss den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft entwickelten.

Erfahrungsaustausch beim Netzwerken und individuelle Beratung
Beim anschliessenden Stehlunch blieb ausreichend Zeit für den Austausch von Erfahrungen. Interessierte Teilnehmer hatten nach dem Präsentationsteil die Möglichkeit, sich direkt durch die Experten von Switzerland Global Entreprise bezüglich spezifischer Fragen im Zusammenhang mit ihrer Exporttätigkeit beraten zu lassen.

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