Angewandte Spitzenforschung für den Wirtschaftsstandort Thurgau

Einer der fünf Schwerpunkte am Digital & Innovation Campus Thurgau ist die angewandte Forschung. So soll im Campus ein neues Thurgauer Hochschulinstitut etabliert werden. Damit entsteht im Thurgau ein Leuchtturm mit Fokus auf die Digitale Transformation mit überregionaler Ausstrahlung, der spannend für die Vernetzung auf nationaler oder gar internationaler Ebene sein wird.

Die Idee, im Thurgau ein Forschungsinstitut zu etablieren, besteht seit Beginn des Projekts «Digital & Innovation Campus Thurgau» (DICT) im Jahr 2019. Innovationen entstehen in der Regel im Umfeld von Hochschulen. Deshalb war bereits früh klar, dass der DICT einen direkten Link zu den Konstanzer Hochschulen herstellen muss. Die Universität sowie die HTWG in Konstanz liegen beide direkt an der Grenze unseres Kantons und sind zusammen mit der Pädagogischen Hochschule seit vielen Jahren Teil des etablierten Hochschulplatzes Kreuzlingen-Konstanz. Das übergeordnete Thema des Thurgauer Instituts für digitale Transformation (TIDiT) widmet sich – wie es der Name schon sagt – einem der relevanten Themen der Zeit. Dabei handelt es sich um einen laufenden Veränderungsprozess, der nicht nur Unternehmen und Verwaltungen, sondern die gesamte Gesellschaft beeinflusst. Mit Unterstützung der digitalen Transformation soll der Thurgau als Lebensraum und als Wirtschaftsstandort gestärkt werden.

Grundlagen und Anwendung in Kombination

Sowohl die Universität Konstanz wie auch die Hochschule für angewandte Wissenschaften HTWG zeichnet grosse Kompetenzen in den Bereichen Informatik und Informationswissenschaften aus. «Es ist sehr spannend, dass eine Universität, die grundlagenforschungsorientiert ist, und eine Fachhochschule, die anwendungsorientiert forscht, ein gemeinsames Institut auf die Beine stellen wollen. Diese Kombination ist zweifellos eine der Stärken des TIDiT», sagt Christof Widmer vom kantonalen Amt für Mittel- und Hochschulen (AMH). Für den Thurgau wäre es das vierte Hochschulinstitut mit den Konstanzer Hochschulen, jedoch das erste, das von beiden betrieben würde. Akteure, die Entwicklungsbedarf im Kompetenzbereich des Instituts haben, sollen dort einen niederschwelligen Zugang zu Expertenwissen finden. Thematisch soll in der Anfangsphase für die angewandte Forschung auf folgende Themenbereiche fokussiert werden: Künstliche Intelligenz / Datenverarbeitung, -analyse und -visualisierung / Datensicherheit, Privacy und Cyber Security / Cyber-Physical Systems / Internet of Things.

Chancen und Risiken neuer Technologien

«An beiden Hochschulen gibt es viele Forschungsgruppen, die bereits an verwandten Themen arbeiten. An der Universität Konstanz wurde zum Beispiel Ende April ein neues Forschungszentrum «Human Data Society» eröffnet, das interdisziplinäre Grundlagenforschung zu den Wechselwirkungen zwischen Menschen, Daten und der Gesellschaft im Zuge der digitalen Transformation machen wird», erklärt Michael Grossniklaus, der aus der Schweiz stammende Professor für Computer-Wissenschaft an der Universität Konstanz. Die genannten Technologien bieten der Gesellschaft und den einzelnen Menschen riesige Chancen, konfrontieren sie aber auch mit Risiken. Sichere Anwendungen und vertrauenswürdige Technologien sind Voraussetzungen dafür, dass die digitale Transformation zum Nutzen der Gesellschaft bewältigt werden kann. Im Umgang mit den Informationstechnologien bestehen bei den Anwenderinnen und Anwendern, aber auch in der Gesellschaft als Ganzes viele Unsicherheiten.

Der Mensch steht im Zentrum

Das Alleinstellungsmerkmal des Instituts ist deshalb sein «menschen-zentrierter Ansatz». Das Institut wird Forschungsprojekte so angehen, dass sie von den menschlichen Erwartungen und Bedürfnissen her entwickelt werden und nicht rein Technologie-getrieben sind. So soll vermieden werden, dass technische Entwicklungen an einer ablehnenden Haltung der Menschen scheitern. «Eine der wichtigsten Fragen für KMU bei neuen Technologien ist beispielsweise, wie man die Menschen mitnimmt. Das TIDiT verfolgt daher konsequent einen transdiziplinären, menschen-zentrierten Ansatz. In der Zusammenarbeit mit dem TIDiT werden Wechselwirkungen und Abhängigkeiten zwischen Informationstechnologie und gesellschaftlichen, rechtlichen sowie sozialen Prozessen von Anfang an in die Projekte miteinbezogen», so Prof. Dr. Gunnar Schubert, Vizepräsident für Forschung, Transfer und Nachhaltigkeit an der HWTG. Dabei sei beispielsweise an Kompetenzen aus Psychologie, Linguistik, Soziologie, Philosophie, Bildungsforschung, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Wirtschaftswissenschaft, Maschinenbau oder Elektro- und Informationstechnik zu denken.

Nutzen für regionale Wirtschaft

Drei fiktive Beispiele zeigen, wie die Forschungsgebiete des TIDiT konkret zur Anwendung kommen könnten:

1) Ein Schienenfahrzeughersteller will mit einer automatischen Kontrolle bestimmen können, ob bei bestimmten Teilen eine Materialermüdung vorliegt. Grundlage hierfür ist eine automatisierte optische Erkennung von Ermüdungsstellen. Werden solche Stellen erkannt, führt das zu einer Aussortierung der Teile.

2) Ein Maschinenbauer will für eine Maschine Ersatzteile herstellen. Für die fraglichen Komponenten gibt es aber keine CAD-Dateien. Nun soll anhand von 2-D-Fotografien der Komponenten ein 3-D-CAD-Modell erstellt werden.

3) Der Fotodienstleister will seinen Kunden eine neue Dienstleistung anbieten: Fotobücher sollen automatisiert hergestellt werden, ohne dass die Kunden viel Zeit für Layout und die Fotoauswahl investieren müssen. Eine neue Applikation soll eine Bildauswahl vornehmen, für die Bilder ein passendes Layout suchen sowie Vorschläge für Beschriftungen machen.

Alle drei Fragestellungen haben gemeinsam, dass sie folgende Forschungsgebiete betreffen, in denen sie zu neuen grundlegenden Fragestellungen führen können: Computervision / Machine Learning / Computational Statistics. So werden die oben genannten Forschungsschwerpunkte des TIDiT rasch fassbar und zeigen einen direkten Nutzen für die Wirtschaft in der Region.

Zurück